Nachlassinsolvenz
Die Seite informiert Sie über den Zweck und den Gegenstand der Nachlassinsolvenz, über den Eröffnungsgrund, die Kosten, Rechtswirkungen, Beendigung und Folgen eines Nachlassinsolvenzverfahrens (Einrede der Dürftigkeit, Einrede der Erschöpfung), welches Gericht für das Nachlassinsolvenzverfahren zuständig ist sowie darüber, wer in dem Verfahren antragsberechtigt und antragspflichtig ist. Desweiteren über die Person, die Aufgaben und die Haftung des Nachlassinsolvenzverwalters sowie über die Möglichkeiten einer Insolvenzanfechtung.
- Nachlassinsolvenz – Zweck
- Nachlassinsolvenz – Zuständigkeit
- Nachlassinsolvenz – Gegenstand
- Nachlassinsolvenz – Eröffnungsgrund
- Nachlassinsolvenz – Antragsberechtig
- Nachlassinsolvenz – Pflicht zur Antragsstellung
- Nachlassinsolvenz – Kosten
- Nachlassinsolvenz – Rechtswirkungen des Verfahrens
- Nachlassinsolvenz – Ende
- Nachlassinsolvenz – Folgen
- Nachlassinsolvenzverwalter – Person
- Nachlassinsolvenzverwalter – Aufgaben
- Nachlassinsolvenzverwalter – Anfechtung
- Nachlassinsolvenzverwalter – Haftung
- Hinweise und Empfehlungen
- Unsere Anwaltsleistungen
Nachlassinsolvenz – Zweck
Wenn der Erbe die Erbschaft nicht ausschlägt, haftet er grundsätzlich unbeschränkt für die Nachlassverbindlichkeiten. Dies führt dazu, dass er auch mit seinem eigenen Vermögen haftet.
Für den Erben stellt sich naturgemäβ die Frage, wie er dieser Haftung entgehen kann. Der Gesetzgeber hat zur Vermeidung der unbeschränkten Haftung daher die Möglichkeit der Nachlassverwaltung und der Nachlassinsolvenz geschaffen. Die Nachlassinsolvenz dient einer gleichmäβigen, wenn meist auch nur anteiligen Befriedigung der Nachlassgläubiger. Wie die Nachlassverwaltung dient auch die Nachlassinsolvenz damit nicht nur dem Interesse des Erben, sondern auch dem Interesse der Nachlassgläubiger.
Nachlassinsolvenz – Zuständigkeit
Die Zuständigkeit liegt bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk das Landgericht seinen Sitz hat. Die örtliche Zuständigkeit wird durch den letzten Wohnsitz des Erblassers bestimmt.
Nachlassinsolvenz – Gegenstand
Gegenstand des Insolvenzverfahrens kann nur der ganze Nachlass sein. Bei einer Erbengemeinschaft ist jedoch auch noch nach der Teilung des Nachlasses ein Insolvenzverfahren möglich. Der Umfang der Insolvenzmasse wird durch den Bestand des Nachlasses am Tag der Verfahrenseröffnung und nicht am Tag des Erbfalls bestimmt.
Nachlassinsolvenz – Eröffnungsgrund
Folgende drei Gründe sieht das Gesetz für die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens vor: Überschuldung, Zahlungsunfähigkeit und drohende Zahlungsunfähigkeit. Die drohende Zahlungsunfähigkeit führt noch nicht zu einer Pflicht, das Nachlassinsolvenzverfahren einzuleiten. Auch kommt es hierbei auf die Liquidität des Nachlasses an und nicht auf die des Erben.
Bei der Ermittlung der Überschuldung sind zunächst die sog. Masseverbindlichkeiten zu berücksichtigen. Hierzu gehören z.B. die Kosten der Beerdigung des Erblassers oder die Verbindlichkeiten, die im Rahmen der Testamentsvollstreckung entstanden sind. Dazu kommen aber auch Verbindlichkeiten wie Pflichtteilsansprüche, Vermächtnisse oder Auflagen.
Nachlassinsolvenz – Antragsberechtigung
Antragsberechtigt für die Einleitung des Nachlassinsolvenzverfahrens sind jeder Miterbe, der Nachlassverwalter, der Nachlasspfleger sowie der Verwaltungstestamentsvollstrecker. Nachlassgläubiger sind ebenfalls antragsberechtigt, wobei hier die Frist von zwei Jahren nach Erbschaftsannahme beachtet werden muss. Besteht eine Erbengemeinschaft, kann — anders als bei der Nachlassverwaltung – jeder einzelne Miterbe den Antrag stellen. Bei Vor- und Nacherbfolge ist bis zum Eintritt des Nacherbfalls der Vorerbe antragsberechtigt, danach der Nacherbe.
Nachlassinsolvenz – Pflicht zur Antragsstellung
Der Erbe und Nachlassverwalter sind zur Antragsstellung unverzüglich verpflichtet, wenn sie von der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung des Nachlasses Kenntnis erhalten.
Wichtig ist dabei, dass eine sorgfaltswidrige Unkenntnis über die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Nachlasses einer Kenntnis gleichgestellt wird. Dazu gehört insbesondere, wenn der Erbe das Aufgebot der Gläubiger nicht beantragt, obwohl er Grund zur Annahme hat, dass unbekannte Nachlassverbindlichkeiten bestehen. Das Aufgebot ist ein dem Erben bereitstehendes Mittel, bei Gericht zu beantragen, dass alle Nachlassgläubiger ihre Forderungen anmelden. Die Aufgebotsfrist beträgt maximal 6 Monate. Der Erbe kann dann die Gläubiger aus dem Nachlass bedienen, die ihre Forderung angemeldet haben. Melden sich Gläubiger nach der Aufgebotsfrist, so gelten sie als ausgeschlossen. Dies bewirkt, dass deren Forderungen nur bedient werden, wenn nach der Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger noch ein Überschuss aus dem Nachlass vorhanden ist.
Kommt der Erbe der Pflicht nicht nach, so ist er den Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich.
Der Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens kann abgelehnt werden, wenn zu wenig Masse vorhanden ist, um die Kosten des Nachlassinsolvenzverfahrens zu decken. Es besteht jedoch die Möglichkeit, einen Kostenvorschuss zu leisten, der aber die Kosten des gesamten Verfahrens abdecken muss.
Nachlassinsolvenz – Kosten
Die Kosten der Nachlassinsolvenz werden unterteilt in Gerichtskosten, Gutachterkosten und die Kosten des Nachlassinsolvenzverwalters sowie die Kosten des Gläubigerausschusses. Die Gerichtskosten bestimmen sich nach dem Gerichtskostengesetz (GKG). Ein Gutachter kann z. B. bestellt werden, um zu prüfen, ob der Nachlass überhaupt eröffnungsfähig ist. Dessen Kosten werden nach Stundensätzen bemessen und richten sich nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG). Den gröβten Posten macht die Vergütung des Nachlassinsolvenzverwalters aus. Der Insolvenzverwalter wird nach der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung (InsVV) vergütet.
Schon bei kleinen Nachlässen können hier Kosten von mehreren Tausend Euro entstehen.
Nachlassinsolvenz – Rechtswirkungen des Verfahrens
Mit Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens wird der Nachlass beschlagnahmt. Der Erbe verliert die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über den Nachlass, die auf den Insolvenzverwalter übergeht. Die Haftung des Erben beschränkt sich durch die Eröffnung der Nachlassinsolvenz auf den Nachlass. Eine mögliche Verschmelzung von Nachlass und Eigenvermögen wird rückwirkend beseitigt. Ist der Erbe Kläger oder Beklagter eines den Nachlass betreffenden Prozesses, so wird das Verfahren unterbrochen und kann vom Nachlassinsolvenzverwalter weitergeführt werden.
Nachlassinsolvenzgläubiger müssen ihre Forderungen beim Nachlassinsolvenzverwalter anmelden. Klagen gegen den Nachlass und Vollstreckung in den Nachlass sind unzulässig.
Nachrangige Insolvenzgläubiger können ihre Forderung nur auf ausdrückliche Anordnung des Gerichts anmelden. Werden Forderungen angemeldet, führt dies zu einer Hemmung der Verjährung.
Nachlassinsolvenz – Ende
Das Nachlassinsolvenzverfahren wird beendet, wenn sich zum einen zeigt, dass der Nachlass doch nicht überschuldet ist. Daneben wird das Verfahren beendet, wenn sich herausstellt, dass keine Masse vorhanden ist, die kostendeckend ist. Ebenso kann der Verfahren beendet werden, wenn der Erbe die Einstellung beantragt und alle Nachlassgläubiger zustimmen.
Ist die Schlussverteilung vollzogen oder die Bestätigung des Insolvenzplans rechtskräftig, beschlieβt das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens.
Nachlassinsolvenz – Folgen
Wenn das Nachlassinsolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet werden kann oder eingestellt wird, besteht für den Erben die Möglichkeit der Dürftigkeitseinrede. Der Erbe kann die Zahlung an einen Gläubiger insoweit verweigern, als der Nachlass für die Befriedigung nicht ausreicht. Der Beschluss über die Einstellung oder Nichteröffnung dient für den Erben als Mittel zur Beweiserleichterung.
Wenn das Nachlassinsolvenzverfahren durch Verteilung der Masse oder durch einen Insolvenzplan beendet wird, kann der Erbe die Erschöpfungseinrede erheben. Er kann sich darauf berufen, dass der Nachlass erschöpft ist und keine Nachlassmittel mehr zur Verteilung stehen. Auch hier dient der Beschluss zur Beweiserleichterung.
Nachlassinsolvenzverwalter – Person
Der Nachlassinsolvenzverwalter ist Inhaber eines privaten Amtes, kraft dessen er die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Masse im eigenen Namen ausübt.
Der Nachlassinsolvenzverwalter kann nur eine geschäftsfähige, natürliche Person sein. Er muss unabhängig und geschäftskundig sein. Die Bestellung erfolgt vorläufig vom Insolvenzgericht und endgültig nach der ersten Gläubigerversammlung.
Nachlassinsolvenzverwalter – Aufgaben
Durch die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens geht das Recht des Erben, das zum Nachlass gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, auf den Nachlassinsolvenzverwalter über. Er hat den Nachlass sofort in Besitz und Verwaltung zu nehmen.
Der Nachlassinsolvenzverwalter erstellt die notwendigen Verzeichnisse wie das Masse- und Gläubigerverzeichnis und ist für den Insolvenzplan verantwortlich.
Der Insolvenzplan regelt die Erfüllung der Forderungen der Gläubiger, die Verwertung der Insolvenzmasse und deren Verteilung sowie die Haftung des Erben nach Beendigung des Nachlassinsolvenzverfahrens. Der Insolvenzplan muss durch das Insolvenzgericht bestätigt werden.
Die Stellung des Nachlassinsolvenzverwalters ist dadurch eingeschränkt, dass jederzeit die Gläubigerinteressen zu wahren sind. Deshalb sieht die Insolvenzordnung (InsO) Gläubigerversammlungen vor, in denen die Gläubiger ihre Rechte ausüben.
Nachlassinsolvenzverwalter – Anfechtung
Grundsätzlich gehören Gegenstände, die der Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens veräuβert hatte, nicht zur Insolvenzmasse. Um zu verhindern, dass der Schuldner kurz vor der Insolvenzeröffnung Vermögen beiseiteschafft oder dass sich einzelne Gläubiger im Wege der Befriedigung kurz vor Insolvenzeröffnung Vorteile verschaffen, besteht die Möglichkeit der Insolvenzanfechtung. Die Nachlassinsolvenzanfechtung ist möglich bei Rechtshandlungen, die der Erbe vor Eröffnung der Insolvenz vorgenommen hat. Auβerdem müssen die Gläubiger in ihrer Gesamtheit objektiv benachteiligt worden sein. Hierzu können Schenkungen gehören oder der Verkauf von Grundstücken unter Wert.
Die Anfechtung kann vom Nachlassinsolvenzverwalter erklärt werden.
Nachlassinsolvenzverwalter – Haftung
Der Nachlassinsolvenzverwalter unterliegt gegenüber allen Beteiligten einer Amtshaftung für schuldhaft verursachte Vermögensschäden.
Zur Abdeckung dieses Risikos muss er eine Berufshaftpflichtversicherung abschlieβen, worauf das Insolvenzgericht zu achten hat. Haftungsmaβstab ist die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Nachlassinsolvenzverwalters.
HINWEISE UND EMPFEHLUNGEN
- Beachten Sie bei einem überschuldeten Nachlass die Ausschlagungsfrist, damit Sie sich nicht mit einem möglichweise überschuldeten Nachlass “herumschlagen” müssen!
- Nur der Bestand des Nachlasses ist entscheidend und nicht Ihr persönliches Vermögen!
- Wenn Sie als Erbe von der Zahlungsunfähigkeit ausgehen müssen und das Erbe nicht mehr ausschlagen können, ist sofort die Einleitung der Nachlassinsolvenz erforderlich! Erkundigen Sie sich deshalb sofort, ob Schulden bestehen!
- Für Sie hat die Ablehnung durch das Gericht den Vorteil, dass Sie mit einem Beschluss in der Hand die Dürftigkeitseinrede gegenüber den Nachlassgläubigern erheben können.
- Wenn Sie als Erbe davon ausgehen, dass der Nachlass die Kosten der Insolvenz nicht decken wird und Sie dennoch einen Antrag beim Gericht auf Eröffnung der Nachlassinsolvenz stellen, fallen die Kosten des Verfahrens Ihnen als Kostenschuldner an.
- Wenn Sie Bedenken haben, ob der Nachlass zahlungsfähig ist, sollten Sie von Beginn an eine Vermischung mit Ihrem eigenen Vermögen vermeiden!
- Wird das Verfahren mangels Masse eingestellt, muss der Erbe als Antragsteller die Kosten tragen.
- Vorsicht bei Verfügungen über den Nachlass, wenn dieser unter Umständen zahlungsunfähig ist.
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