Nachlasspflegschaft
Die Seite informiert Sie über die Einsetzungsgründe, Kosten und Dauer einer Nachlasspflegschaft, welches Gericht für die Nachlasspflegschaft zuständig ist, ob ein Antrag auf Nachlasspflegschaft gestellt werden muss und wie die Nachlasspflegschaft von der Nachlassverwaltung, Abwesenheitspflegschaft, der Pflegschaft für unbekannte Beteiligte, der Bestellung eines besonderen Vertreters oder des gesetzlichen Vertreters für herrenlose Grundstücke abzugrenzen ist. Desweiteren über die Person, die Aufgaben, die Pflichten und die Haftung eines Nachlasspflegers.
Was Sie zur Nachlasspflegschaft wissen müssen:
- Nachlasspflegschaft – Zuständiges Gericht
- Nachlasspflegschaft – Einsetzung
- Nachlasspflegschaft – Antrag
- Nachlasspflegschaft – Abgrenzung
- Nachlasspflegschaft – Kosten
- Nachlasspflegschaft – Dauer
- Nachlasspfleger – Person
- Nachlasspfleger – Aufgaben
- Nachlasspfleger – Pflichten
- Nachlasspfleger – Haftung
- Hinweise und Empfehlungen
- Unsere Anwaltsleistungen
Nachlasspflegschaft – Zuständiges Gericht
Zuständig für die Bestellung eines Nachlasspflegers ist das Nachlassgericht am letzten Wohnsitz des Erblassers. War der Erblasser ohne festen Wohnsitz, so ist der Sterbeort maβgebend.
Nachlasspflegschaft – Einsetzung
Ist nach dem Erbfall der Erbe unbekannt oder ist ungewiss, ob er die Erbschaft angenommen hat, ordnet das zuständige Nachlassgericht von Amts wegen die Nachlasspflegschaft an. Es muss ein Sicherungsbedürfnis (Sicherungspflegschaft) bestehen, was bei einer bestimmten Werthaltigkeit des Nachlasses vermutet wird.
Eine Nachlasssicherung ist z.B. angezeigt, wenn der Mietvertrag des Erblassers abgewickelt werden soll oder wenn der Erblasser Grundeigentum besessen hat. Ein Nachlasspfleger sollte aber auch bestellt werden, wenn der Erblasser Wertpapierdepots oder Sparkonten hatte, da auch hier eine Nachlasssicherung wegen der Werthaltigkeit des Nachlasses notwendig ist.
Darüber hinaus ordnet das Nachlassgericht die Nachlasspflegschaft an, wenn die Bestellung des Nachlasspflegers zum Zwecke der gerichtlichen oder auβergerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet, vom Nachlassgläubiger beantragt wird (Klagepflegschaft oder Prozesspflegschaft). Auf die Werthaltigkeit des Nachlasses kommt es hier nicht an.
Möglich ist auch die Einleitung einer Nachlasspflegschaft, wenn die Erben zum Teil bekannt, teilweise aber unbekannt sind. In diesem Falle erfolgt die Verpflichtung des Nachlasspflegers für die unbekannten Erben zu dem Bruchteil des Nachlasses, zu dem die Erben unbekannt sind. Diese Pflegschaft wird auch Teilnachlasspflegschaft genannt.
Sobald der Erbe ermittelt ist oder die Nachlasssicherung nicht mehr erforderlich ist, wird die Nachlasspflegschaft aufgehoben.
Nachlasspflegschaft – Antrag
Die Nachlasspflegschaft für die Sicherung des Nachlasses erfolgt von Amts wegen. Ein Antrag ist nicht erforderlich. Ungeachtet dessen kann eine Nachlasspflegschaft beantragt werden, z.B. wenn dem Nachlassgericht ein Sicherungsbedürfnis oder die Werthaltigkeit des Nachlasses nicht bekannt ist.
Die sog. Prozesspflegschaft wird nur auf Antrag eingerichtet. Voraussetzung ist, dass eine Forderung gegen den Nachlass besteht, wie z. B. Verpflichtungen aus einem Mietverhältnis.
Nachlasspflegschaft – Abgrenzung
Die Nachlasspflegschaft ist abzugrenzen von der Nachlassverwaltung, Abwesenheitspflegschaft, der Pflegschaft für unbekannte Beteiligte, der Bestellung eines besonderen Vertreters oder des gesetzlichen Vertreters für herrenlose Grundstücke.
Bei der Nachlassverwaltung sind die Erben bekannt. Sie wird eingerichtet, um die Nachlassgläubiger zu befriedigen, wenn unklar ist, ob der Nachlass z. B. überschuldet ist oder der Nachlass unübersichtlich ist. Sie dient der Beschränkung der Haftung des Erben.
Ist der Erbe dagegen bekannt und nur sein Aufenthaltsort unbekannt, kommt es zur Abwesenheitspflegschaft. Solange der Abwesende nicht ermittelt ist, übernimmt der Abwesenheitspfleger dessen Vertretung.
Des Weiteren ist die Pflegschaft für unbekannte Beteiligte möglich, wenn unbekannt oder ungewiss ist, wer bei einer Angelegenheit der Beteiligte ist.
Ein Sonderfall ist auch die Bestellung eines einstweiligen besonderen Vertreters für die unbekannten Erben. Hierzu kann es kommen, wenn bei einer Vollstreckungshandlung, die nach dem Tod des Erblassers beginnen soll, die Zuziehung des Schuldners nötig ist, der Erbe aber unbekannt ist, die Erbschaft noch nicht angenommen hat oder ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat. Zuständig ist nicht das Nachlassgericht, sondern das Vollstreckungsgericht.
Ist ein Grundstück in Folge der deutschen Teilung herrenlos geworden, weil die Eigentümer nicht feststellbar sind, kann für dieses Grundstück ein gesetzlicher Vertreter durch den zuständigen Landkreis bestellt werden.
Nachlasspflegschaft – Kosten
Die Vergütung des Nachlasspflegers bestimmt sich nach den Fachkenntnissen des Pflegers und beträgt bei mittellosen Nachlässen je nach Qualifikation des Pflegers mindestens 19,50 Euro bis 33,50 Euro pro Stunde. Diese Mindestvergütung wird aus der Staatskasse gezahlt. Hat der Nachlasspfleger einen Hochschulabschluss, beträgt die Mindestvergütung 33,50 Euro.
Ist der Nachlass dagegen werthaltig, hängt die Vergütung davon ab, wie umfangreich und schwierig die Tätigkeit des Nachlasspflegers ist. Hierzu hat die Rechtsprechung für bestellte und berufsmäβige Nachlasspfleger Vergütungssätze entwickelt. Bei durchschnittlicher Schwierigkeit der Nachlasspflegschaft ist eine Vergütung von 100 Euro bis 150 Euro pro Stunde angemessen. Liegt dagegen eine überdurchschnittliche Schwierigkeit der Nachlasspflegschaft vor, wie etwa bei komplizierten Grundstücksangelegenheiten, kann die Vergütung auch über 150 Euro pro Stunde angemessen sein. Die Vergütung für die Nachlasspflegschaft kann der Nachlasspfleger dem Nachlass entnehmen.
Praxis ist es zuweilen auch, dass eine Pauschalvergütung aus dem Nachlass vereinbart wird, die zwischen 2 % und 6 % des Aktivnachlasses betragen kann.
Das Nachlassgericht entscheidet über die Vergütung für die Nachlasspflegschaft durch Beschluss. Der Nachlasspfleger muss seinen Zeitaufwand detailliert darlegen, um die angegebene Stundenzahl zu belegen.
Aufwendungen kann der Nachlasspfleger für Barauslagen, Porti, Fotokopien, Aktenabschriften, Ferngespräche, Fotos und dergleichen verlangen.
Beachtet werden muss, dass der Nachlasspfleger auch solche Aufwendungen im Rahmen einer Nachlasspflegschaft geltend machen kann, die zu seinem Gewerbe oder seinem Beruf gehören. Ein zum Nachlasspfleger bestellter Rechtsanwalt kann nach dem Rechtsanwaltsvergütungssatz (RVG) abrechnen, wenn er z.B. Prozesse zu führen hat oder schwierige Verträge entwerfen muss.
Nachlasspflegschaft – Dauer
Die Dauer der Nachlasspflegschaft hängt vom Sicherungs- und Verwaltungsbedürfnis, aber auch von der Erbenermittlung ab. Wenn kein Bedürfnis zur Nachlasssicherung mehr besteht oder wenn die Erben ermittelt sind, wird die Nachlasspflegschaft aufgehoben.
Wenn zum Nachlass nur eine Mietwohnung und 1 — 2 Bankkonten gehören, so kann die Nachlasspflegschaft nur wenige Wochen oder Monate dauern.
Gehört dagegen ein Grundstück, ein Unternehmen oder ein Mietshaus zum Nachlass, können bis zur Aufhebung der Nachlasspflegschaft durchaus mehrere Jahre vergehen.
Gleiches gilt für die Erbenermittlung. Wenn die Erben weit verstreut auf verschiedenen Kontinenten wohnen und dazu mit dem Erblasser nur entfernt verwandt sind, kann die Nachlasspflegschaft auch mehrere Jahre dauern.
Dem Nachlassgericht steht jedoch die Möglichkeit des sog. Erbenaufrufs zur Verfügung. Mittels dieser öffentlichen Aufforderung können die Erben aufgerufen werden, sich innerhalb einer bestimmten Frist — in der Regel 6 Wochen — beim Nachlassgericht zu melden. Wenn sich keine Erben bis zum Ablauf der Frist melden, wird der Staat Erbe. Mit dem Staatserbrecht endet dann auch die Nachlasspflegschaft. Sind nur einzelne Erben unbekannt, fällt nach Ablauf der Frist den bekannten Erben der Erbanteil zu.
Nachlasspfleger – Person
Nachlasspfleger kann jede natürliche volljährige Person sein. Zumeist ernennen die Nachlassgerichte beruflich qualifizierte Personen zu Nachlasspflegern wie z. B. Rechtsanwälte oder Steuerberater. Der Nachlasspfleger muss fachlich geeignet und charakterlich zuverlässig sein, um seinen Aufgaben gerecht zu werden. Da er fremde Vermögensinteressen wahrnimmt, nimmt er gegenüber Dritten und den Erben eine Vertrauensstellung ein.
Nachlasspfleger – Aufgaben
Der Nachlasspfleger vertritt die unbekannten Erben. Der Umfang seiner Vertretung und Aufgaben wird durch das Nachlassgericht bestimmt. Zumeist liegen die Aufgaben in der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie in der Ermittlung der unbekannten Erben. Die Aufgaben werden durch das Nachlassgericht in einer Bestallungsurkunde festgelegt. Die Bestallungsurkunde dient zum Nachweis, dass der Nachlasspfleger die unbekannten Erben vertritt.
Zu den typischen Aufgaben des Nachlasspflegers gehören alle Wohnungsgelegenheiten, die Beerdigung des Erblassers, Auflösen von Konten oder auch die Verwertung und Verwaltung von Grundstücken sowie die Erbenermittlung. Er ist auch verantwortlich für die Abgabe der Erbschaftssteuererklärung.
Für bestimmte Tätigkeiten benötigt der Nachlasspfleger einen Beschluss des Nachlassgerichts, wie z. B. für den Verkauf von Grundstücken. Das Nachlassgericht hat hier die Möglichkeit, einen Verfahrenspfleger zu bestellen. Der Verfahrenspfleger prüft, ob die vom Nachlasspfleger geplante Handlung sinnvoll und rechtmäβig ist.
Nachlasspfleger – Pflichten
Der Nachlasspfleger muss ein Nachlassverzeichnis erstellen, das alle Aktiva und Passiva des Nachlasses enthält. Auβerdem muss er dem zuständigen Nachlassgericht regelmäβig seiner Berichtspflicht nachkommen. Der Bericht muss die Schritte darlegen, die der Nachlasspfleger im Rahmen der Verwaltung und Verwertung des Nachlasses unternommen hat sowie die Tätigkeit zur Erbenermittlung. Bei Überschuldung oder drohender Zahlungsunfähigkeit des Nachlasses ist der Nachlasspfleger verpflichtet zu prüfen, ob ein Nachlassinsolvenzantrag zu stellen ist. Wird ein Nachlassinsolvenzverfahren eingeleitet, vertritt der Nachlasspfleger weiter die unbekannten Erben.
Nachlasspfleger – Haftung
Verletzt der Nachlasspfleger seine Pflichten oder führt er die ihm übertragenen Aufgaben pflichtwidrig aus, besteht unter Umständen ein Schadensersatzanspruch der Erben ihm gegenüber.
Eine Haftung kann auch gegenüber Nachlassgläubigern bestehen, wenn er z.B. falsche oder gar keine Auskünfte gibt. Ferner kann eine Haftung des Nachlasspflegers in der Nachlassinsolvenz möglich sein oder aber auch gegenüber Dritten, da er Vertreter der unbekannten Erben ist.
HINWEISE UND EMPFEHLUNGEN
- Regen Sie unbedingt eine Nachlasspflegschaft an, wenn der Erblasser vermögend gewesen ist! Ansonsten ist niemand vorhanden, der verantwortlich für die Vermögenswerte des Erblassers ist. Es besteht die Gefahr, dass Konten geräumt werden oder Grundeigentum nicht gesichert wird!
- Ein Bankkonto kann nur aufgelöst werden, wenn alle Erben zustimmen, ebenso kann ein Grundstück nur verkauft werden, wenn die gesamte Erbengemeinschaft einverstanden ist! Sie treten also auf der Stelle, wenn auch nur ein Erbe unbekannt ist.
- Teilen Sie dem Nachlassgericht das Vorhandensein von Vermögenswerten mit, wenn Sie wissen, dass der Erblasser keine bekannten Erben hat!
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Lassen Sie sich als Vermieter vom Nachlassgericht nicht abweisen! Der Mietvertrag endet nicht mit dem Tod des Mieters!
Es besteht für Sie ein Anspruch auf Einleitung der Nachlasspflegschaft für die Abwicklung des Mietverhältnisses und dies ohne einen Vorschuss für die Nachlasspflegschaft zu zahlen. Verweisen Sie auf Ihr Recht auf Nachlasspflegschaft, denn anderenfalls bestehen Haftungsgefahren und finanzielle Nachteile.
Wenn Sie die Wohnung räumen und den Nachlass verwerten, könnten ihnen zu diesem Zeitpunkt unbekannte Erben später Ansprüche entgegenhalten.
Räumen Sie die Wohnung dagegen nicht und warten darauf, dass Erben noch auftauchen oder das Nachlassgericht sich rührt, erleiden Sie Mietausfälle. Eine Nachlasspflegschaft sollte in diesen Fällen unbedingt eingerichtet werden! - Nur weil ein Erbe seit Jahren unbekannt verzogen ist, heiβt dies nicht, dass Sie zusehen müssen, was mit dem Erbe geschieht. Mit einem Abwesenheitspfleger kann auch eine Erbengemeinschaft aufgelöst werden, bei der Erben unbekannt verzogen sind.
- Sie können Ihre Rechte wahren, wenn Sie als Erbe eine Vergütungsvereinbarung mit dem Nachlasspfleger abschlieβen. Anderenfalls bleibt es dem Nachlassgericht überlassen, die Schlussvergütung für die Nachlasspflegschaft festzusetzen.
- Der Erbenaufruf ist für Sie als Miterbe ein probates Mittel, unbekannte Erben aus der Erbengemeinschaft zu verdrängen!
- Prüfen Sie sorgfältig, ob der Nachlasspfleger immer im Sinne der unbekannten Erben sorgfältig gehandelt und alle zumutbaren Maβnahmen ergriffen hat!

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- Wir überprüfen die Tätigkeit des Nachlasspflegers auf seine Rechtmäßigkeit