Pflegeversicherung
Der Abschluss einer Pflegeversicherung ist gesetzlich vorgeschrieben: wer krankenversichert ist, muss sich auch pflegeversichern.
Die Pflege-Pflichtversicherung deckt nur den Grundbedarf. Sie ist keine Vollversicherung. Wer eine vollständige Absicherung möchte, muss eine private Pflege-Zusatzversicherung abschließen. Wer nicht in der Lage ist, den notwendigen Pflegeaufwand selbst zu finanzieren, kann auch „Hilfe zur Pflege“ beantragen. Leistungen gibt es nur auf Antrag. Zahlungen im Pflegefall hängen vom Pflegegrad ab.
Was Sie zur Pflegeversicherung wissen müssen:
- Wer ist gesetzlich pflegeversichert?
- Antragstellung
- Pflegegutachten | Wer entscheidet welche Leistungen Sie erhalten?
- Wer ist pflegebedürftig
- Welche Pflegegrade gibt es?
- Was leistet die gesetzliche Pflegeversicherung?
- Ambulante Pflege zu Hause
- Stationäre Pflege | Pflege im Pflegeheim
- Verhinderungspflege | Ersatzpflege
- Pflegehilfsmittel
- Pflegewohngemeinschaften
- Verbesserung des Wohnumfelds
- Kosten der Pflege
- Wer übernimmt die Pflegekosten?
- Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Pflegekasse
Wer ist gesetzlich pflegeversichert?
Alle gesetzlich Krankenversicherten sind automatisch auch in einer gesetzlichen Pflegekasse versichert. Die Beiträge richten sich nach dem Einkommen. Familienversicherte (Kinder und Ehepartner) sind mitversichert, ohne Beiträge zu zahlen. Wer freiwillig gesetzlich krankenversichert ist, kann auf Antrag einen privaten Pflegetarif abschließen oder freiwillig in die gesetzliche Pflegeversicherung einzahlen. Privatpatienten müssen bei ihrer privaten Krankenversicherung ebenfalls eine private Pflegeversicherung abschließen.
Antragsstellung
Leistungen der Pflegeversicherung werden nur auf Antrag gewährt. Antragsberechtigt ist die versicherte Person.
Von der Pflegekasse ist innerhalb von fünf Wochen ab Antragstellung über den Antrag zu entscheiden und darüber ein schriftlicher Bescheid zu erteilen.
Leistungen beim Erstantrag werden nicht rückwirkend erbracht. Sind Leistungen nur befristet bewilligt worden, muss vor Ablauf der Frist ein neuer Antrag gestellt werden.
Pflegegutachten | Wer entscheidet welche Leistungen Sie erhalten?
Die Pflegeversicherung lässt vom medizinischen Dienst der Krankenkasse oder einem unabhängigen Gutachter ein Gutachten anfertigen, um die Pflegebedürftigkeit und den Pflegeaufwand festzustellen. Der Gutachter stellt fest, of die Vorraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welcher Grad der Pflegebedürftigkeit vorliegt.
Wer ist pflegebedürftig?
Pflegebedürftig ist, wer eine körperliche, geistige oder psychische Behinderung oder eine gesundheitliche Belastung nicht kompensieren kann. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer oder mindestens sechs Monate bestehen und eine bestimmte Schwere aufweisen, die in fünf Pflegegraden kategorisiert wird. Vom Pflegegrad ist abhängig, ob und in welchem Umfang der Pflegebedürftige Leistungen von der Pflegeversicherung beanspruchen kann.
Welche Pflegegrade gibt es?
Bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit werden berücksichtigt:
• Mobilität (10%) (z.B. Fähigkeit sich in der eigenen Wohnung fortzubewegen)
• Kognitive und kommunikativer Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (15%) (z.B. räumliche und zeitliche Orientierungsvermögen, Wahnvorstellungen, Ängste.)
• Selbstversorgung (40%) (z.B. Körperpflege, An- und Auskleiden, Essen, Trinken, Blasen- und Darmentleerungen)
• Bewältigung krankheitsbedingter Anforderungen (20%) (z.B. Injektionen, Verbandwechsel, Arztbesuche, Diät.)
• Gestaltung des Alltagslebens (15%) (z.B. regelmässige soziale Kontakte)
Besteht aufgrund der Krankheit eine Unfähigkeit zur selbständigen Haushaltsführung, ist diese zusätzlich erhöhend zu berücksichtigen.
Je nach Schwere der Pflegebedürftigkeit ergibt sich folgende Aufteilung auf die einzelnen Pflegegrade:
Pflegegrad 1 – geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit: 12,5 bis 27,0 Punkte
Pflegegrad 2 – erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit: 27,0 bis 47,5 Punkte
Pflegegrad 3 – schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit: 47,5 bis 70,0 Punkte
Pflegegrad 4 – schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit: 70,0 bis 90,0 Punkte
Pflegegrad 5 – schwere Beeinträchtigung mit besonderen Anforderungen: 90,0 bis 100 Punkte
Pflegegrad 1 beinhaltet größtenteils nur Beratungsleistungen.
Bei Kindern gibt es keinen Pflegegrad 1, sie fangen bei Pflegegrad 2 an
Was leistet die gesetzliche Pflegeversicherung?
Grundsätzlich gilt: Rehabilitation vor Pflege. Stellt die Pflegeversicherung einen ‚Rehabilitationsbedarf fest, stellt sie beim Rehabilitationsträger einen Reha-Antrag. Ambulante Pflege geht teilstationären und vollstationären Pflegeleistungen vor.
Ambulante Pflege zu Hause
PFLEGEGELD: Pflegebedürftige, die durch Angehörige, Freunde oder Nachbarn zu Hause gepflegt werden, erhalten ein monatliches Pflegegeld. Der Pflegebedürftige kann das Pflegegeld frei verwenden. Dieses wird alternativ zur Pflegeleistungen gezahlt.
Anspruch auf Pflegegeld haben auch Versicherte, die sich vorübergehend oder dauerhaft im EU-Ausland oder der Schweiz aufhalten.
PFLEGESACHLEISTUNGEN: werden Pflegebedürftige im häuslichen Umfeld von zugelassenen ambulanten Pflegediensten gepflegt, wird dies als Pflegeleistung finanziert. Sie wird vor allem für die Hilfestellung bei der Körperpflege, Ernährung, Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung verwendet.
KOMBINATIONSLEISTUNG: werden „Sachkosten“ nicht voll verbraucht, kann der Versicherte den nicht verbrauchten Anteil am Höchstbetrag als „Geldleistung“ für Pflegepersonen beanspruchen.
Stationäre Pflege | Pflege im Pflegeheim
KURZZEITPFLEGE: Kurzzeitpflege kann für längstens acht Wochen je Kalenderjahr in Anspruch genommen werden, wenn bei Pflegegrad 2–5 vorübergehend weder häuslich noch teilstationäre Pflege möglich ist. Der Pflegebedürftige wird vorübergehend in einer zugelassenen Kurzzeit-Pflegeeinrichtung gangtätig betreut. Unterkunft und Verpflegung trägt der Pflegebedürftiger selbst. Das Pflegegeld wird zur Hälfte weiterbezahlt.
TEILSTATIONÄRE PFLEGE (Tages- oder Nachtpflege): die Pflegeversicherung übernimmt bei teilstationärer Pflege die Pflegekosten, die Aufwendungen der sozialen Betreuung und die Kosten der medizinischen Behandlungspflege in einer Pflegeeinrichtung. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung müssen jedoch privat getragen werden. Die Kosten für teilstationäre Pflege, Pflegesachleistung und Pflegegeld können ohne Einschränkungen parallel in Anspruch genommen werden. Die teilstationäre Pflege ergänzt die ambulante Pflege.
VOLLSTATIONÄRE PFLEGE: wenn weder die häusliche noch die teilstationäre Pflege möglich ist, kann vollstationäre Pflege gewährt werden. Eine Unterbringung erfolgt in einer durch einen Versorgungsvertrag zugelassenen Einrichtung. Die betreute Person muss die Kosten für Unterbringung und Verpflegung selbst bezahlen.
Geldleistungen der Pflegeversicherung nach Pflegegrad:
Infos folgen…
Verhinderungspflege | Ersatzpflege
Kann die bisherige Pflegeperson aufgrund von Krankheit oder Erholungsurlaub die Pflege vorübergehend nicht ausüben, übernimmt die Pflegekasse die Kosten für eine Ersatzpflegekraft unter folgenden Voraussetzungen: die verhinderte Pflegepersonal muss den Pflegebedürftigen zuvor mindestens sechs Monate gepflegt haben und beim Pflegebedürftigen muss mindestens Pflegegrad 2 vorliegen. Die Aufwendungen dürfen 1.612 EUR für maximal sechs Wochen im Kalenderjahr nicht übersteigen.
Pflegehilfsmittel
Wer zu Hause gepflegt wird, hat Anspruch auf Pflegemittel. Für zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel (Windeln, Einmalhandschuhe usw.) werden bis zu 40 EUR pro Kalendermonat gezahlt. Technische Hilfsmittel (Rollstühle, Notrufsysteme usw.) werden nur leihweise zu Verfügung gestellt.
Pflegewohngemeinschaften
Wer eine ambulant betreute Pflege-Wohngemeinschaft gründet erhält 2.500 EUR pro pflegebedürftige Person, maximal 10.000 EUR als Anschubfinanzierung für eine altersgerechte, barrierearme Umgestaltung der gemeinsamen Wohnung.
Verbesserung des Wohnumfelds
Zur Verbesserung des Wohnumfelds werden bis zu 4.000 EUR je Maßnahme übernommen (Treppenlift, Einbau von Rampen usw.) Der Pflegebedürftige hat einen Eigenanteil von 10%.
Kosten der Pflege
Die Mittel der gesetzlichen Pflegeversicherung werden gedeckt durch Beiträge der Versicherten – bei Arbeitnehmern auch vom Arbeitgeber. Der Beitragssatz beträgt 2019 3.05% der beitragspflichtigen Einnahmen.
Die Pflegeversicherung ist keine Vollkaskoversicherung. In der Regel bleibt eine hohe Versorgungslücke zwischen den tatsächlichen Pflegekosten und dem gesetzlichen Schutz. Der von dem Versicherten selbst aufzubringende Eigenanteil beträgt in der Regel 50% der Gesamtkosten!
Wer übernimmt die Pflegekosten?
Die Versorgungslücke nach Abzug der Leistung durch die gesetzliche Pflegepflichtversicherung kann der Versicherte schließen durch Abschluss einer privaten Pflege-Zusatzversicherung. Ansonsten muss der Pflegebedürftige zum Ausgleich der Versorgungslücke zunächst sein eigenes Einkommen einsetzen. Ist auch das eigene Einkommen nicht ausreichend, muss der Pflegebedürftige sein eigenes Vermögen einsetzen. Reicht auch das Vermögen nicht aus, zahlt das Sozialamt. Für alle Leistungen des Sozialamtes haften die Angehörige und Kinder.
Zum eigenen Vermögen zählen alle Arten von Renten und betriebliche Altersvorsorgen, Mieteinnahmen, Eigentumswohnung oder Haus. Das Vermögen muss für die Finanzierung des Pflegefalls eingesetzt werden bis auf einen „Notgroschen“ in Höhe von 5.000 EUR (Ehepaare 10.000 EUR) Immobilien müssen verkauft werden, außer wenn einer der Ehepartner noch darin lebt.
Ehepartner und Kinder sind zum Unterhalt der Eltern verpflichtet. Die Höhe der Zahlungspflicht hängt vom Einkommen und Vermögen ab. Es gibt aber Freibeträge und zu berücksichtigendes Schonvermögen.
Rechtsmittel gegen die Entscheidungen der Pflegekasse
Mehr als 30% der Pflegebedürftigen erhalten nicht die Leistungen, die ihnen rechtlich zustehen. Dies betrifft insbesondere den Pflegegrad-Antrag und die Anträge auf Höherstufung.
Gegen alle Entscheidungen der Pflegeversicherung können Sie Widerspruch einlegen. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift innerhalb eines Monats ab dem Zugang des Bescheides einzulegen. Nach Erlass des Widerspruchsbescheids kann Klage beim Sozialgericht erhoben werden. Widerspruch oder Klage sind begründet, wenn der bewilligte Pflegegrad nicht den tatsächlichen Einschränkungen entspricht oder eine beantragte Leistung nach Umfang oder Art der Leistung zu Unrecht abgelehnt wurde.
Sie haben ein Recht auf uneingeschränkte Akteneinsicht, nebst Einsicht in die Gutachten.